Der Marcomannenkrieg Marc Aurels


mit freundlicher Genehmigung von Dr. Hans Voegtli / ACAMA

Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. verließen die Goten ihre angestammte Heimat. Sie drängten nach Süden und vertrieben dabei andere Völker, die ihrerseits versuchten, weiter südlich eine neue Heimat zu finden. Doch diesen Wanderungen war eine von Menschen erbaute Grenze gesetzt. Die Römer hatten ihr Gebiet mit dem Limes gesichert und Soldaten dort stationiert. Auf der Suche nach einer neuen Heimat, versuchten die Marcomannen und andere, ihnen verbündete Völker zur Zeit der Herrschaft des Marcus Aurelius mehrfach, diese Grenze zu überschreiten, um sich im römischen Gebiet anzusiedeln.

MARCUS AURELIUS, 161-180. Bronzemedaillon, 172-173. M ANTONINVS – AVG TR P XXVII Belorbeerte und gepanzerte Büste des Marcus Aurelius n. r., auf der Brust Gorgoneion. Rv. IMP VI COS III / VICT GERM Victoria, eine Quadriga n. l. führend. 58,41 g. MIR 1056. Gnecchi 63/7. C. 993.

Schon im Sommer des Jahres 166 n. Chr. waren an der Donau Unruhen zu
spüren. Deshalb begaben sich Marcus Aurelius und Lucius Verus in diese
Provinzen. Vor Ort wollten sie die Lage rekognoszieren, um angemessen
auf die Bedrohung reagieren zu können. Auf dem Rückweg verstarb Lucius
Verus an der Pest, die im ganzen römischen Reich zahlreiche Opfer
forderte. Marcus Aurelius kehrte allein zurück nach Rom. Nur wenige
Monate konnte er dort bleiben, dann nahm die Bedrohung an der Donau so
zu, daß der Kaiser im Herbst 169 ein zweites Mal an die Front mußte. Er
sollte erst 8 Jahre später wieder nach Rom zurückkehren.

Die Marcussäule auf der Piazza Colonna in Rom zeigt Episoden aus den Marcomannenkriegen des Marcus Aurelius.

An der Front bereitete Marcus Aurelius den Feldzug vor. Die Rückseiten seiner Münzen aus dieser Zeit zeigen viele Anspielungen auf den bevorstehenden Kriegszug: Wir sehen den Kaiser, aus Rom fortreiten, zu seinen Soldaten reden und natürlich ist Victoria allgegenwärtig. Auch die Hilfe der Götter mußte erworben werden. Ein selbsternannter Prophet aus Kleinasien, Alexander von Abonuteichos, hatte dem Kaiser einen Orakelspruch gesandt, der seinen sicheren Sieg garantieren sollte. Wie Lukian, Alexander 48 berichtet, sollten zwei Löwen und Räucherwerk in die Donau geworfen werden, um das Wohlwollen der Götter zu sichern. Der Sieg sei nach solchem Opfer den römischen Truppen gewiß. Dieses Opfer wurde tatsächlich durchgeführt: Auf der Marcussäule in Rom ist die Szene dargestellt. Leider war Alexander kein guter Prophet: Das Opfer blieb ohne Erfolg. Die Marcomannen überquerten die Donau und vernichteten das römische Heer. 20.000 Legionäre sollen bei diesem Angriff gefallen sein. Die Invasoren zogen entlang der Ostseite der Alpen nach Oberitalien. Seit mehr als einem Jahrhundert war dieses Gebiet nicht mehr von Feinden bedroht worden. Aquileia wurde belagert, Opitergium völlig zerstört. Marcus Aurelius reagierte umgehend. Er soll – so berichtet die Historia Augusta, Marc. 21, 9 – den gesamten Kronschatz versteigert haben, um die Mittel für die Verteidigung des Landes zu bekommen. Man verstärkte die Abwehr. Vielleicht hob Marcus Aurelius seine beiden neuen Legionen, die Legio II pia und Legio III concors, später beide Italica genannt, in diesem Zusammenhang aus.

Im Jahre 171 zeigten sich die Erfolge der römischen Politik. Der Heerführer Helvius Pertinax, später – nach dem Tod des Commodus – selbst Kaiser, konnte die Marcomannen zurücktreiben. Einen weiteren Sieg errang Marcus Aurelius über das Heer, das versuchte, sich über die Donau zurückzuziehen. Seine Truppen riefen ihn deswegen das 6. Mal zum Imperator aus. Ein Jahr darauf konnte ein weiterer Erfolg gefeiert werden, diesmal über die Jazygen. Die römischen Soldaten waren zu Fuß über die zugefrorene Donau marschiert und hatten auf dem Eis den germanischen Stamm vernichtend geschlagen. Diese Siege feiert unser Medaillon. Es wurde zur
Jahreswende von 172 und 173 herausgegeben und propagierte den siegreichen Feldherrn und Kaiser Marcus Aurelius. Er trägt hier die Rüstung, verziert mit einem Gorgoneion, dem Kopf der Gorgo, das seine Feinde erschrecken soll. Nur noch selten sollte er den Panzer ablegen. 8 Jahre hatte der große Kaiser noch zu leben, mehr als sechs davon verbrachte er im Feldlager. Erst sein Sohn Commodus konnte die Kriege mit den Germanen auf dem Verhandlungswege zu Ende bringen.

Die Rekonstruktion der Abläufe ist unter Wissenschaftlern sehr umstritten. Wir folgen in den wesentlichen Punkten dem Aufsatz von W. Scheidel.

  • A. Birley, Marcus Aurelius. A Biography, New Haven – London 1987 (2. Auflage).
  • W. Scheidel, Der Germaneneinfall in Oberitalien unter Marcus Aurelius und die Emissionsabfolge der kaiserlichen Reichsprägung, in: Chiron 10 (1990), 1-18.
  • W. Szaivert, Moneta Imperii Romani. Die Münzprägung der Kaiser Marcus Aurelius, Lucius Verus und Commodus (161/192), Wien 1986.