Das Römisch-Deutsche Reich auf dem Weg zum einheitlichen Geld

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von Ursula Kampmann

29. März 2018 – Als die Augsburger Reichsmünzordnung am 28. Juli des Jahres 1551 erlassen wurde, stellte sie etwas ganz Neues dar. Zum ersten Mal hatten sich alle Stände darauf geeinigt, wie die Münzen beschaffen sein sollten, die innerhalb des Reichs frei kursieren durften. Während die Esslinger Reichsmünzordnung von 1524 vor ihrer Publikation weder vom Kaiser noch vom Reichstag unterschrieben worden war (das macht es verständlicher, warum sie nie befolgt wurde), hatten alle Reichstände und der Kaiser dieser Münzverordnung während eines Reichstags zugestimmt.

Eine Währung für das Reich. Die Akten der Münztage zu Speyer 1549 und 1557. Herausgegeben und eingeleitet von Oliver Volckart. Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit Bd. 23. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2017. 17 x 24 cm. 546 S. Paperback. ISBN: 978-3-515-11788-3. 78 Euro.

Natürlich war dieses Gesetz nicht vom Himmel gefallen oder von einem der schlauen Räte Karls V. erdacht worden. Es war das Produkt langwieriger Verhandlungen, an denen sich die verschiedenen Stände des Reiches beteiligt hatten. Sie alle schickten ihre Gesandten, um während der beiden vorbereitenden Münztage im Frühling und im Herbst des Jahres 1549 ihre Interessen zu vertreten.
Rund sechs Jahre nach dem Erlass des Gesetzes, 1557, erfolgte das, was unsere Politiker heute als Evaluation bezeichnen würden. Man traf sich erneut und besprach, welche Änderungen des Gesetzes dieses noch besser machen könnten. Umgesetzt wurden diese Vorschläge dann 1559 in einer neuen Reichmünzordnung.

Wie komplex das Interessensgefüge war, aus dem der Reichstag ein für alle sinnvolles Gesetz destillieren sollte, das führt einem der von Oliver Volckart herausgegebene Band bestens vor Augen. Er hat die alten Akten aufgespürt und transkribiert, so dass wir nachvollziehen können, wer welche Vorschläge machte, wer welche Bedenken anmeldete und wie es gelang, alle Anwesenden unter einen Hut zu bringen.

Dankenswerterweise schickt Oliver Volckart seinem Opus Magnum eine umfassende Einleitung voraus, die dem Leser die nötigen Anhaltspunkte mitgibt, wie er die Texte verstehen soll. Er charakterisiert dafür kurz die damals im Reich umlaufenden Währungen und fasst den Reformprozess zusammen. Er gibt einen Überblick über die politischen und verfassungsmäßigen Voraussetzungen und sagt Grundsätzliches zum Verhandlungsverfahren und dazu, wie eine Entscheidung zustande kam.
Besonders interessant ist die historische und währungsgeschichtliche Einordnung. Also, warum brauchte es so eine Münzordnung und welche wichtigen Fragen mussten bei der Festlegung beantwortet werden? Sollte – und das war 1551 noch nicht so klar, wie wir heute denken würden – sollte es also neben dem Goldgulden eine dem Goldgulden an Wert gleiche Großsilbermünze geben oder nicht? Sollte man sich tatsächlich auf einen Bimetallismus einlassen, bei dem die Preise für die Metalle sich unterschiedlich verändern mochten, so dass kein festes Verhältnis zwischen den Münzen fixiert werden konnte? Welche Probleme, und damit schließt die Einleitung, brachten die Entscheidungen mit sich? 

Der Leser erhält noch eine Liste der Teilnehmer inklusive ihrer professionellen Ausbildung, eine Übersicht zu den Münzfüßen und ein Glossar der uns fremden Begriffe, und dann beginnt nach gut 100 Seiten Einleitung die eigentliche Quellenedition.

Seien wir ehrlich. Wer sich nicht tagtäglich mit Quellen herumschlägt, der hat Probleme, die komplexen Sachverhalte in einer uns ziemlich fremd gewordenen Sprache zu verstehen. Doch hier greift der Herausgeber auf einen inzwischen üblichen Trick zurück. Jeder Quelle ist eine kurze Inhaltsangabe vorausgestellt, so dass der Leser leicht genau das Dokument finden kann, das ihn interessiert.

Ein umfangreiches Register beschließt den Band. Literatur- und Quellenangaben sind der Einleitung vorangestellt.

Auch wenn die wenigsten dieses Buch von hinten nach vorne durchlesen werden, ist es eine echte Bereicherung für alle, die sich mit der Numismatik der frühen Neuzeit beschäftigen. Sie werden keinen Münzvertrag mehr als gegeben hinnehmen, sondern sich jedes Mal fragen, welche Interessen dieser Vertrag ausgeglichen haben mag. Denn die Probleme und Fragestellungen haben sich in all diesen Jahrhunderten gar nicht so sehr verändert.
Es geht letztendlich immer noch darum: Wie kann man dem grenzüberschreitenden Handel ein möglichst einfach (und billig) zu benutzendes Geld zur Verfügung stellen, das noch dazu dem Prägeherrn einen möglichst großen Schlagschatz einträgt.

Zu bestellen ist dieses Buch im Franz Steiner Verlag.