Syracuse in the Time of the Peloponnesian War

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von Ursula Kampmann

7. Dezember 2017 – Die deutsche Sprache hat ein Problem. Sie wird praktisch nur von Deutschen, Österreichern und Schweizern beherrscht.* Das wäre ja eigentlich nicht schlimm, wenn es nicht unter diesen Deutschen, Österreichern und Schweizern einige sehr begabte Numismatiker (und andere Wissenschaftler) gäbe, die durchaus etwas zur wissenschaftlichen Diskussion beizutragen haben. Das aber verhallt wegen dieser unpraktischen Sprache im Ausland gelegentlich ungehört.

Wolfgang R. Fischer-Bossert, Ute Wartenberg (Hrsg.), Coins, Artists, and Tyrants. Syracuse in the Time of the Peloponnesian War with selected passages from L. O. Tudeer, „Die Tetradrachmenprägung von Syrakus in der Periode der signierenden Künstler“ translated by Orla Mulholland, and a biographical sketch about Tudeer by Tuukka Talvio. Numismatic Studies 33. The American Numismatic Society, New York 2017. 400 S. mit Abbildungen in Schwarz-Weiß und 27 Tafeln in Schwarz-Weiß. 21,5 x 30,5 cm. Hardcover, ISBN: 978-0-89722-341-6. $200 (ANS-Mitglieder: $140) zzgl. Porto.

Sie glauben mir nicht? Kürzlich kontaktierte mich eine Australierin über academia.edu, die dabei war, eine Arbeit zu den Didrachmen von Tarent zu schreiben. Sie schwärmte enthusiastisch von den Thesen, die ich in einem MünzenWoche Artikel entwickelte hätte (von dem es natürlich eine englische Übersetzung gab). Ich musste die Dame enttäuschen. Die Thesen waren weder von mir, noch hatte ich sie zum ersten Mal publiziert. Ich riet ihr doch vielleicht einmal das Buch von Wolfgang Fischer-Bossert zur Chronologie der Didrachmenprägung von Tarent zu öffnen, überhaupt eine gute Idee, wenn man eine Arbeit zu den Didrachmen von Tarent zu schreiben plant. Eine Antwort habe ich nicht bekommen, wahrscheinlich ist sie nicht glücklich bei dem Gedanken, dass die wichtigste Sekundärliteratur für ihr Thema in einer Sprache geschrieben ist, die sie nicht versteht, und das in einer Form, die man nicht bei Google Translate einspeisen kann.

Mit seinem neuen Buch wird Wolfgang Fischer-Bossert dieses Problem nicht haben, auch wenn es aus einer ähnlichen Situation heraus entstanden ist. Ein engagierter Sammler aus den Vereinigten Staaten wünschte sich von Ute Wartenberg eine englische Version des hervorragenden Katalogs, den Lauri O. Th. Tudeer 1913 in deutscher Sprache publizierte. Die machte sich daran und realisierte schnell, dass man ein Buch von 1913 nicht unkommentiert nachdrucken kann, (wenigstens wenn man einen gewissen wissenschaftlichen Anspruch hat). So holte sie Wolfgang Fischer-Bossert mit ins Boot. Er zeichnet jetzt als Autor verantwortlich, während Ute Wartenberg als Herausgeberin firmiert.

Die Basis des Werks bleibt die Stempelstudie von Lauri Tudeer, doch die wird ergänzt durch neue Forschungen. Wolfgang Fischer-Bossert steuert eine Reihe von einleitenden Kapiteln auf gut 100 Seiten bei: Zum historischen Hintergrund, zu den Stempelverbindungen, der Epigraphie, den Imitationen und zur Datierung mit Hilfe von Hortfunden. In einem Kapitel mit dem schönen Titel „Views of Older Scholarship“ nimmt er die Deutungen früherer Numismatiker auseinander.

Es folgt Tudeers Katalog. Er wurde übersetzt, genauso übernommen und durch Material, das der Numismatikerin zu ihrer Zeit noch nicht zur Verfügung stand, ergänzt. Die für unsere Augen etwas ungewöhnliche Art der Anordnung, die wir aus dem originalen Tudeer kennen, ist an die modernen Sehgewohnheiten angepasst. Aber bitte schreiben Sie ja nicht im Katalog die Jahreszahlen ab! Sie stimmen nicht mehr. Der zeitliche Umfang der Serie wurde von 425-387 (Tudeer) auf 415/4-395 (Fischer-Bossert) zusammengekürzt.

Orla Mulholland war für die Übersetzung verantwortlich. Diese beschränkt sich nicht auf den Katalog, sondern umfasst auch den ausführlichen Kommentar von Lauri O. Th. Tudeer. Eine annotierte Bibliographie, eine Konkordanz sowie Indices ergänzten das Werk. Unbedingt erwähnen muss man auch die Qualität der neu zusammengestellten Tafeln, die das Bestimmen – gegenüber den schlechten Nachdrucken des Originalwerks von 1913, das im Gegensatz zu den Nachdrucken sowieso (fast) niemand besitzt – stark erleichtern.

Die Anschaffung lohnt sich also. Wir haben ein neues Standardwerk zu den syrakusanischen Tetradrachmen der signierenden Künstlern. Und dieses Mal darf sich der Autor Wolfgang Fischer-Bossert darüber freuen, dass ihn auch diejenigen verstehen und rezipieren werden, die nicht aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz stammen.

Sie können das Buch über die ANS bestellen.

Für diejenigen, die aus Europa bestellen, vertreibt Oxbow das Buch.

* Hiermit entschuldige ich mich bei all meinen griechischen, niederländischen, polnischen, schwedischen und ungarischen Freunden (ich hoffe, ich habe niemanden vergessen), die alle so phantastisch Deutsch sprechen! Ich weiß, dass Ihr das könnt! Aber hätte ich alle Ausnahmen erwähnt, wäre mir die Pointe der Einleitung verloren gegangen.