Numismatische Ignoranz

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von Ursula Kampmann

19. Dezember 2013 – Es ist eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz, ob sich Fachbegriffe allgemein durchsetzen. Während geplagte Eltern schon nach dem ersten Arztbesuch selbstverständlich die Wörter ADHS und Legasthenie benutzen, wenn sie dem Lehrer ihres Kindes erklären, warum ihr Sohn sicher nicht an der Störung des Unterrichts schuld sein könne, sind viele „Mittelalter-Fans“ völlig unbelehrbar, wenn es darum geht, was ein Taler ist. Immer wieder wird dieser Begriff auf Mittelaltermärkten als Äquivalent benutzt, wenn messingfarbene Tokens als Binnenwährung funktionieren sollen. Aber noch ärgerlicher sind für einen Numismatiker die vielen Fehlübersetzungen in historischen Romanen. Da würde man sich wünschen, dass der / die Übersetzer(in) die Zeit aufgewendet hätte, auch nur ein einziges Mal im Internet zu überprüfen, um welche Münzen es in der geschilderten Epoche eigentlich gegangen sein könnte.

Mein jüngstes Ärgernis dieser Art ist eigentlich alt. Jedes Mal, wenn ich in die Lörracher Innenstadt gehe, ärgere ich mich über eine ganz besonders gedankenlose Benutzung numismatischer Begriffe:

Das Wirtshausschild des goldenen Talers. Foto: UK.

Ein „historisches“ Hotel im Zentrum von Lörrach nennt sich goldener Taler und benutzt dazu auch noch das Bild eines byzantinischen Hyperpyrons als Logo.

Es stellt sich nun die Frage, in wie weit das Berechnung ist. Berühmt geworden ist ja die Geschichte des Wirts eines englischen Pubs mit dem schönen Namen „Seven Bells“. Er verzierte sein Wirtshausschild mit acht Glocken und lebte auskömmlich davon, dass Passanten sein Pub besuchten, um ihn auf den Fehler aufmerksam zu machen. So darf man im Falle des „Goldenen Talers“ darüber spekulieren, ob der Wirt etwa mit vorbeiströmenden Numismatikern rechnete, die er durch diese Fehlaufschrift als Kunden gewinnen wollte.
Es kann natürlich auch sein, dass er einfach nur zu dumm und gleichgültig war, um zu überprüfen, was der Name seines Wirtshausschildes eigentlich bedeutet.

Wenn Sie ein Beispiel für goldene Taler auf Mittelaltermärkten sehen wollen (und sich noch einmal amüsieren möchten, was manche Menschen für Mittelalter halten), dann klicken Sie hier.