NRW und die Archäologie: Skandal oder deutsche Normalität?

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von Björn Schöpe

11. Dezember 2014 – Anfang 2013 wurde bekannt, dass Nordrhein-Westfalen drastische Kürzungen im Bereich Denkmalpflege plante. Das erschien um so bedenklicher, als das Bundesland besonders reich ist an Bodenfunden: Römerkastelle, urzeitliche Funde wie der Neandertaler, aber natürlich auch historische Gebäude, Kirchen und vieles mehr. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte, dass sie die Priorität für falsch halte. Eine Petition sammelte über 27.000 Unterschriften. Jetzt vermelden die Organisatoren, dass die Aktion einen gewissen Erfolg hatte: Die Pläne der Landesregierung wurden abgeschwächt. Von einer kompletten Nullrunde für 2015 ist nicht mehr die Rede, die Etatkürzungen fallen etwas schwächer aus. Schriftlich liegt allerdings selbst das noch nicht vor.

Wie die Realität aussieht, daran erinnerte eine Nachricht der letzten Woche: Der spektakuläre Neufund eines römischen Legionslagers in Olfen (NRW) droht verlorenzugehen, weil kein Personal und kein Material zur Verfügung stehen, um den Bodenfund zu retten. Seit über 100 Jahren hatten Archäologen nach dem Römerkastell gesucht, vor wenigen Jahren konnten sie die Anlage lokalisieren. Doch der Acker, unter dem die Überreste liegen, ist wieder zur Bewirtschaftung freigegeben. Bettina Tremmel, zuständige Wissenschaftliche Referentin beim Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, äußerte gegenüber dem Hellweger Anzeiger: „Keramik kann durch die landwirtschaftlichen Maschinen zerstört, Metallgegenstände durch die Düngemittel angegriffen werden. … Für das Projekt sind momentan einfach keine Kapazitäten da.“ Die Kosten für eine Untersuchung liege im sechsstelligen Bereich. „Das ist finanziell nicht machbar – und personell auch nicht.“

So fordert der Staat zwar die Hoheit über Bodenfunde und die archäologische Aufarbeitung, stellt gleichzeitig aber nicht einmal die nötigsten finanziellen Mittel für diese Verpflichtungen bereit. Selbst im Vergleich mit den anderen Bundesländern ist NRW chronisch unterfinanziert. Das soll nicht als Lob für das übrige Deutschland verstanden werden: Die Niederlande beschäftigen doppelt so viele Archäologen wie Deutschland, Großbritannien gar viermal so viele!
NRW beweist einmal mehr, dass sich am kulturellen Erbe am einfachsten sparen lässt: Es kann sich kaum wehren.

Momentan ist Deutschlands kulturellem Erbe leider zu wünschen, dass es unter der Erde bleibt. Ansonsten ist zu befürchten, dass es halb ausgegraben verkommt und das Ergrabene wegen fehlender Mittel nicht restauriert oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Zur Petition können Sie sich hier informieren.

Eine ausführliche Analyse der Situation bietet die DGUF (Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e.V.).

Der Hellweger Anzeiger berichtete ausführlich über das Legionslager in Olfen.