Großbritanniens deutsche Könige – Ausstellung in Hannover

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19. Juni 2014 – 123 Jahre waren das Kurfürstentum Hannover und das Königreich Großbritannien durch einen König miteinander verbunden. Diese historisch bedeutende Epoche steht im Mittelpunkt der Niedersächsischen Landesausstellung 2014 „Hannovers Herrscher auf Englands Thron 1714-1837“, die bis 5. Oktober 2014 in Hannover und Celle zu sehen ist.

Einblick in die Ausstellung. © Nds. Landesmuseum Hannover.

Einen umfassenden Überblick über die gesamte Zeit der Personalunion gibt die groß angelegte Hauptausstellung im Niedersächsischen Landesmuseum. Entlang der Biographien von Georg I., Georg II., Georg III., Georg IV. sowie Wilhelm IV. werden das Wirken der fünf Herrscher sowie wichtige historische Ereignisse dieser Zeit beleuchtet. Ein zentrales Anliegen der Ausstellung ist es, die Auswirkungen der Personalunion auf allen Gebieten der Kunst, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft zu zeigen. Ein deutlicher Akzent liegt auf dem Austausch zwischen den beiden staatsrechtlich getrennten, aber in der Person des Herrschers vereinten Territorien.

Einblick in die Ausstellung. © Nds. Landesmuseum Hannover.

Schon im Ausstellungsdesign, entwickelt und umgesetzt von krafthaus – das Atelier von facts und fiction, wird dies deutlich: Den Besucher empfängt eine farblich zweigeteilte Ausstellung. Auf der blauen Seite werden die britischen Entwicklungen dargestellt, in der niedersächsischen Landesfarbe Rot die Themen, die mit Hannover zusammenhängen. So werden im Verlauf der Ausstellung die unterschiedlichen Verhältnisse deutlich. Es gibt Zeiten, in denen beide Sphären engen Bezug aufeinander nehmen, und Bereiche, bei denen sie getrennt bleiben. Die chronologische Gliederung der Ausstellung wird durch in Weiß gehaltene Themeninseln unterbrochen, die sich bestimmten Phänomenen der Personalunion zeitübergreifend widmen. Weitere Inseln stellen Persönlichkeiten dar, Akteure, die während der Zeit der Personalunion eine bedeutende Rolle spielten.

Der historische Stadtplan von London zählt zu den Höhepunkten der Niedersächsischen Landesausstellung im Museum Wilhelm Busch. Dr. Katja Lembke (Projektleiterin Niedersächsische Landesausstellung 2014), Matthias Wehry (Leiter der Abteilung Handschriften und Alte Drucke der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover) sowie Dr. Gisela Vetter-Liebenow (Direktorin Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst) mit dem historischen Stadtplan beim Ausstellungsaufbau.

Die Ausstellung beginnt mit der Vorgeschichte der Personalunion. Die Sphären sind noch getrennt: Auf der roten Seite bietet die Schau einen kurzen Blick auf das Kurfürstentum Hannover vor der Personalunion sowie auf Kurfürstin Sophie und „ihr“ Herrenhausen. Auf der Gegenseite ist die Thronfolge das beherrschende Thema. Hier ist die Prachturkunde des wegweisenden „Act of Settlement“ zu bewundern, mit dem das britische Parlament 1701 Kurfürstin Sophie und ihre Erben als protestantische Thronfolger bestimmte. Da die Frage der Konfession die wichtigste Voraussetzung der englischen Thronfolgeregelung war, ist ihr die erste Themeninsel gewidmet. Gottfried Wilhelm Leibniz als Vertrauter der Kurfürstin und Fürsprecher der hannoverschen Sukzession ist der Akteur dieses Ausstellungsteils.

Medaille zum Regierungsantritt von Georg I. in Großbritannien, 1714. Historisches Museum Hannover. © Historisches Museum Hannover.

Am Ende des Raums ist die berühmte Medaille aus dem Jahr 1714 zu sehen, auf der das Welfenross nach England springt.

König Georg I. im Krönungsornat, nach Godfrey Kneller, um 1720. Historisches Museum Hannover. © Historisches Museum Hannover.

Ein großformatiges Porträt von Georg I. im Krönungsornat verweist schon auf den nächsten Raum, in dem gleich zu Beginn eine der großartigsten Leihgaben aus der Sammlung Ihrer Majestät Königin Elisabeth II. zu bewundern ist:

Staatskrone Georgs I. State Crown of Georg I, 1715. Royal Collection Trust / © Her Majesty Queen Elizabeth II, 2014.

… die Königskrone des ersten Welfen auf dem englischen Thron, die aus dem Londoner Tower ihren Weg nach Hannover gefunden hat. Daneben werden zentrale Themen des Regierungsantritts präsentiert: die Verwaltung, der Hofstaat, die Bündnispolitik und die Reisen nach Hannover, die Georg zunächst vom britischen Parlament untersagt waren. Wenn es um den Regierungsantritt eines Deutschen in Großbritannien geht, darf eine Themeninsel „Sprache“ nicht fehlen. Hier wird jedoch nicht nur auf die Probleme des Spracherwerbs hingewiesen, sondern auch auf die Herausforderungen, denen sich das Weltreich Großbritannien im Handel mit außereuropäischen Regionen stellen musste. Als Akteur tritt Jonathan Swift auf, dessen berühmtes Buch „Gullivers Reisen“ kein Kinderbuch, sondern eine scharfe politische Satire auf die Zeit des Regierungsantritts Georgs I. war.

Die Herrschaft seines Sohnes Georg II. war geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen. Als Kontrast wirken hier die prachtvollen Silbermöbel, die für Georgs Hofkultur stehen, eine Leihgabe des Hauses Hannover. Eine wegweisende Aktion Georgs II. war die Gründung der Universität Göttingen, die als eine der Freiheit der Forschung verpflichtete Institution europäische Wirkung entfaltete. Caroline von Brandenburg-Ansbach, die überaus gebildete Gattin Georgs II., wird als Akteurin unter anderem mit einem großartigen Porträt des Hofmalers Charles Jervas vorgestellt. Das Niedersachsen und Großbritannien verbindende Thema „Pferde“ zeigt den Weg vom britischen Vollblüter bis zur Züchtung der Hannoveraner.

Goldener Brief an König Georg II. von Großbritannien. Goldblech, Rubine, Elfenbein, 55 x 12 cm. Alaungphaya, König von Birma, 7. Mai 1756. © Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover.

Die Zeit Georgs III. wird als Epoche der großen Entdeckungen und wachsenden Verbindungen präsentiert. Höhepunkt ist der „Goldene Brief“ aus der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, ein einmaliges Symbol für die internationalen Beziehungen Großbritanniens wie auch für den Austausch von Dokumenten zwischen London und Hannover. In der Themeninsel „Kolonien“ geht es außerdem um die Besitzungen der englischen Krone in Amerika, die unter Georg III. verloren gingen. Als Akteure werden die Hannoveraner Geschwister Wilhelm und Caroline Herschel vorgestellt, die nach England zogen und dort den Uranus entdeckten, der ursprünglich „sidus Georgioum“ (Georgsstern) hieß.

Federbildnis des Kriegsgottes Kii hulu manu, 18. Jahrhundert. Hawaii. Weide, Feder, Perlmutt, Hundezähne, Holz. 46,5 x 16 x 7,7 cm. Institut für Ethnologie der Georg-August-Universität Göttingen, Ethnologische Sammlung.

Wissen und Wissenstransfer ist ein weiteres Thema – seien es die Reisen von James Cook zu entlegenen Südseeinseln oder die Innovationen in Bergbau und Landwirtschaft, in Medizin und Chemie. Das Ende der Regierungszeit Georgs III. war jedoch geprägt durch den Kampf mit Napoleon, dessen Truppen Hannover besetzten.

Der vorletzte Raum der Ausstellung im Landesmuseum präsentiert den Prinzregenten und späteren König Georg IV. Im Mittelpunkt stehen sein Repräsentationsbedürfnis des nach ihm benannten Regency-Stil und sein Wirken als König. Akteurin ist die Schriftstellerin Jane Austen, die dem Prinzregenten 1815 ihren Roman „Emma“ widmete. Es ist auch die Zeit der großen Reisen, der „Grands Tours“ der Adligen auf den Kontinent, nach Italien und in das Rheintal. Schließlich endet die Ausstellung mit einem Blick auf den „Sailor King“ Wilhelm IV. und seine Reformen, auf den hannoverschen Hofarchitekten Laves und auf den internationalen Handel am Beispiel des Tee.

Museum Schloss Herrenhausen
Die Ausstellung im Museum des wiederaufgebauten Schlosses Herrenhausen präsentiert im östlichen Museumsflügel die Vorgeschichte der Personalunion – die Machtpolitik des Kurfürsten Ernst August (1635-1698) und seine Ehe mit Sophie von der Pfalz – sowie bedeutende Aspekte höfischer Repräsentationskultur um 1700.

Bernardo Strozzi, gen. il Prete Genovese, Der Heilige Franziskus in Ekstase. Öl auf Leinwand, 156,5 x 113,7 cm. Privatbesitz.

Im Westflügel des Schlosses werden erstmals seit fast 200 Jahren Glanzstücke der berühmten Wallmoden-Sammlung zusammengeführt. Der Reichsgraf und Kunstsammler Johann Ludwig von Wallmoden-Gimborn (1736-1811) war illegitimer Sohn König Georg II. Die Sammlung, die bis zu ihrer Versteigerung und Auflösung im Jahr 1818 zu den bedeutendsten in Norddeutschland zählte, umfasste über 500 Gemälde, etwa 90 antike Skulpturen sowie weitere Kunstwerke, die heute verschollen sind. Beim Kauf wurde Wallmoden von keinem geringeren als dem bedeutenden Archäologen und Kunsttheoretiker Johann Joachim Winckelmann beraten.

Junger Satyr mit Querflöte, hadrianische Kopie nach verlorenem spätklassischem Original, 117-138 n. Chr. Marmor. 137,2 x 55,1 x 38,6 cm. S.K.H. Ernst August Erbprinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg.

Während die Antiken noch im Besitz des Hauses Hannover sind und sich seit 1979 als Dauerleihgabe im Archäologischen Institut der Universität Göttingen befinden, mussten die Gemälde, die weltweit verstreut sind, für die Landesausstellung aufwändig recherchiert und zusammengetragen werden. Präsentiert werden 50 Gemälde, darunter Landschaftsbilder, Historienbilder, Portraits, Genremalerei und Stillleben des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts.

Wie schon in der ursprünglichen Präsentation im eigens dafür errichteten Schlösschen, dem heutigen Georgenpalais, werden sie den 50 antiken Skulpturen gegenübergestellt. Die Vorbildlichkeit der antiken Bildwerke für die abendländische Kunst – das zentrale Thema Winckelmanns und der Kunstauffassung der damaligen Zeit – ist damit erstmals wieder im Kontext der gräflichen Sammlung erlebbar.

Historisches Museum Hannover
Mit der Endphase der Personalunion beschäftigt sich die Themenausstellung „Eine Kutsche und zwei Königreiche. Hannover und Großbritannien 1814-1837“ im Historischen Museum Hannover.

Staatswagen von Georg, Prince of Wales, vergoldetes und bemaltes Holz, Eisen, Stahl, bemaltes Kupfer, vergoldetes Messing, Glas, Leder, Samt, Seide, Entwurf von John Linnell (zugeschrieben), Bau von John Wright, Lionel Lukin, William Leader, London, 1783 und 1787-1795, Leihgabe S.K.H. Erbprinz Ernst August von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg.

Der Staatswagen Nr. 1, den Georg IV. 1814 bei seinem Besuch in Hannover nutzte, veranschaulicht in einzigartiger Weise die personelle Verbindung zwischen Großbritannien und Hannover und steht im Mittelpunkt der Schau.

Britische Medaille auf die Befreiung Hannovers von der französischen Besatzung, „The English Re-enter Hanover“, Motiv: Die Göttin Britannia füttert die hannoverschen Pferde, Kupfer, 1814.

Das einzigartige Geschichtszeugnis ist zugleich Symbol für den Bedeutungszuwachs des Staates Hannover im Konzert der deutschen Bundesstaaten und der europäischen Mächte. Zudem zeichnet die Ausstellung ein Porträt des schillernden und umstrittenen Prinzregenten und späteren Königs Georg IV., in dessen Regierungszeit die Weichen für ein neues Europa gestellt wurden und ein neues Kapitel in der Geschichte Hannovers begann.

Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst
Gestochen scharf wird die Personalunion in der Themenausstellung „Königliches Theater. Britische Karikaturen aus der Zeit der Personalunion und der Gegenwart“ im Museum Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst unter die Lupe genommen. Die Ausstellung stellt repräsentativen Bildnissen englischer Herrscher ihre karikaturistische Verfremdung gegenüber.

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James Gillray (1756-1815): The King of Brobdingnag, and Gulliver, kolorierte Radierung, 1803. Wilhelm-Busch-Museum Hannover, © Wilhelm-Busch-Museum Hannover.

Hofintrigen, Ränkespiele und Sex-Skandale geben seit jeher Anlass zur Kritik: Von den Einblattkarikaturen vor 300 Jahren über die Pressekarikatur des 20. Jahrhunderts bis zu den „jungen Digitalen“ der Gegenwart reicht die Palette. Mit rund 220 hochkarätigen Arbeiten nimmt die Ausstellung in sieben Kapiteln britische Politik und Gesellschaft schlaglichtartig in den Blick. Leihgaben internationaler, vor allem britischer, Museen und Sammlungen sowie zeitgenössischer Karikaturisten ergänzen die reichen Eigenbestände des Museums Wilhelm Busch.

George Cruikshank, Royal Hobby’s, or The Hertfordshire Cock=horse! 1819. Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst. © Wilhelm-Busch-Gesellschaft e.V.

Die Kapitel befassen sich mit der Geschichte der Personalunion, den Royals in Person, mit ihren Premierministern und mit dem Verhältnis der Briten zum Ausland – zu Napoleon, zu den Kolonien oder heute zu den EU-Staaten. Gleichzeitig wird die Bedeutung der modernen politischen Bildsatire hervorgehoben. Den großen Namen der britischen Karikaturgeschichte von William Hogarth über James Gillray, Thomas Rowlandson und George Cruikshank folgen herausragende Künstler der Gegenwart wie Ralph Steadman, Gerald Scarfe, Steve Bell oder Martin Rowson.

Residenzmuseum im Celler Schloss
Wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass ein Kurfürst aus Hannover plötzlich zum Herrscher über ein Weltreich werden konnte und welche Faktoren bei dem machtpolitischen Aufstieg des Welfen eine Rolle spielten, beleuchtet die Themenausstellung „Reif für die Insel“.

Herzog Georg Wilhelm (1624-1705), Unbekannter Maler: Georg Wilhelm (1624-1705), letzter in Celle regierender Herzog, Öl auf Leinwand, 1700. © Residenzmuseum im Celler Schloss / Bomann-Museum Celle. Foto: Fotostudio Loeper.

Das Haus Braunschweig-Lüneburg auf dem Weg nach London“ im Residenzmuseum im Celler Schloss. So wird man „Reif für die Insel“: Ruhmreiche Kriege und großartige Feste führten der Welt Macht und Pracht der Welfen vor. Die Kunstwerke jener Zeit erwecken noch heute Erstaunen. Hinter der glänzenden Fassade spielten sich jedoch Familienintrigen und Familientragödien ab. Töchter stürzten ihren Vater vom Thron, Söhne wurden von ihrem Vater inhaftiert. Im Celler Residenzschloss wird in den historischen Räumlichkeiten an Originalschauplätzen nicht nur der schöne Schein gezeigt, sondern auch ein Blick hinter die Fassade geworfen. Dabei wird deutlich, dass die Welfen ihren Aufstieg systematisch durch Hochzeiten, Kriege und Feste vorantrieben.

John Edwards, Kollane (Ordenskette) des Hosenbandordens 1801-14 getragen von Friedrich III., Deutscher Kaiser und König von Preußen, Royal Library. RCIN 441378. Royal Collection Trust © Her Majesty Queen Elizabeth II 2013.

Einzigartige Exponate aus dem In- und Ausland erwecken diese spannende Geschichte wieder zum Leben. So wird von Ihrer Majestät, Elisabeth II., Königin des Vereinigten Königreichs, ein Hosenband-Orden nach Celle kommen, eine der höchsten Auszeichnungen, die im 17. Jahrhundert überhaupt vergeben werden konnten.

Einen Überblick über alle Ausstellungen und Veranstaltungen bietet die Seite Als die Royals aus Hannover kamen.

Zu Georg I. finden Sie übrigens auch einen Artikel in unserem Archiv.