Geldautomaten und Geldkarten der DDR: Teil 2

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von numiscontrol

21. Februar 2013 – Neben den Bekanntmachungen in der Presse erhielt man bei Übergabe der Geldkarte eine zweiseitige Anleitung in Wort und Bild. Diese erklärte den Kunden die Funktion des Gerätes und gab Hinweise bei eventuellen Problemen.

Faltblatt mit Bedienungsanleitung. Foto: Angela Graff.

Daneben gab auch das Kombinat NAGEMA ein eigenes Faltblatt heraus – eher Werbung für den Geldautomaten –, das auch Angaben zu technischen Daten enthielt. Ein Faltblatt der Kreditinstitute erläuterte die einzelnen Bedienungsschritte genau:

  • Schieben Sie Ihre Geldkarte in den gekennzeichneten Schlitz rechts oben am Geldautomaten so ein, dass sich der Magnetstreifen oben links befindet.
  • Tasten Sie Ihren „Persönlichen Bank-Code“ ein!
  • Tasten Sie den gewünschten Bargeldbetrag ein! Möglich sind alle 10-Mark-Beträge zwischen 40 Mark und 500 Mark.
  • Bestätigen Sie die Richtigkeit des eingegebenen Betrages nach Bildschirmaufforderung mit der Taste „BEST“ (= Bestätigung)!
  • Öffnen Sie nach entsprechender Bildschirmaufforderung das Geldfach und entnehmen Sie das Bargeld! Danach schließt sich das Geldfach automatisch.
  • Entnehmen Sie Ihre Geldkarte und den Beleg! Prüfen Sie die Richtigkeit der Kontonummer und des Betrages! Der Beleg ist bei Reklamationen vorzulegen.
  • ACHTUNG! Falls Sie sich bei der Betragseingabe geirrt haben, können Sie nach Betätigen der Taste „KORR“ (= Korrektur) den Auszahlungsbetrag neu eingeben.
  • Mit der Taste „ABBR“ (= Abbruch) erreichen Sie, dass der gesamte Vorgang sofort beendet wird.

Der Geldautomat hatte noch einen anderen Vorteil, denn er gab nicht nur einen Beleg über den eben getätigten Vorgang aus, sondern auf Wunsch auch den aktuellen Kontoauszug. Weitere Einsatzmöglichkeiten der Geldkarte waren bereits im konkreten Aufbau. So sollte die Geldkarte das bargeldlose Bezahlen postalischer Dienstleistungen (Briefmarken, Pakete, Telefonate, Telegramme, etc.) in naher Zukunft erlauben. Die Fahrkartenschalter der Deutschen Reichsbahn und deren bereits in den Bahnhöfen aufgestellten Fahrkartenautomaten sollten diese Karten zum Bezahlen akzeptieren. In der Entwicklung waren sogar Fahrkartenautomaten, an welchen man nicht nur die gewünschte Fahrkarte ausdruckte, sondern darüber hinaus auch Bargeld abheben konnte. Schrittweise wollte man dann auch die Tankstellen des VEB Minol und verschiedene Geschäfte des Einzelhandels mit Kartenlesegeräten zum bargeldlosen Bezahlen ausstatten.

Typenschild des einzigen noch existierenden Geldautomaten der DDR. Foto: Angela Graff.

Wie konkret man schon weiterdachte, und welche weiteren Möglichkeiten für den Einsatz der Geldkarte vorgesehen waren, zeigt eine Pressemeldung von 1987:

„So funktioniert’s Tanken per Geldkarte
Minol erprobt derzeitig elektronische Betankungsanlagen, die den Bezug von Kraft- und Schmierstoffen sowie von allen Waren des Tankstellen-Sortiments ohne Bargeld mittels Geldkarte der Staatsbank ermöglichen. Eine Betankung ist damit auch außerhalb der Öffnungszeiten der Tankstellen gegeben. Dazu ist am Inselterminal der Tankstelle die Geldkarte durchzuziehen.

Daten-Komplex
Nach entsprechender Aufforderung sind der persönliche Bankcode und die Zapfsäulen-Nummer einzugeben. (Beim Tanken von Kraftstoff-Öl-Gemisch ist das gewünschte Mischungsverhältnis zu wählen.) Die weitere Betankung erfolgt in der üblichen Weise. Für den Kauf von anderen Waren des Tankstellen-Sortiments per Geldkarte ist die Anwesenheit des Tankwarts erforderlich. Bis 1990 gibt es die Technik vorwiegend an Berliner Tankstellen, danach erfolgt unter Berücksichtigung der aus der Erprobung gewonnenen Erfahrungen und der zur Verfügung stehenden Gerätetechnik der schrittweise Einsatz in den Bezirken.

Abzug Vom Konto
Jeder Bürger der DDR, der im Besitz einer Geldkarte ist, kann an diesen Tankstellen schnell und problemlos zu jeder Tageszeit tanken. Die Belastung der Konten der Kunden erfolgt automatisch über die zuständigen Banken oder Sparkassen.“

In einigen Pressemeldungen von damals sprach man bereits vom Einsatz der Geldautomaten in Industriegebieten als Rationalisierungsmittel für Gehalts- und Lohnzahlungen. Wenn der Arbeitnehmer sich seinen Lohn gleich auf ein Girokonto überweisen ließ, dann konnte er das Geld am Geldautomaten abheben. In welchen Betrieben das seinerzeit möglich war, konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen. Entsprechende Hinweise werden daher dankend entgegen genommen.
Einige Fakten lassen sich allerdings festhalten. Die technischen Möglichkeiten zum bargeldlosen Bezahlen gestatteten seit Anfang des Jahres 1989 im CENTRUM-Warenhaus am Alexanderplatz in Berlin, die Einkäufe per Geldkarte zu bezahlen. Das galt auch für Einkäufe in der Kaufhalle in der Leipziger Straße und an der Tankstelle in der Indira-Gandhi-Straße. Die Geldkarte mit seinen Akzeptanzstellen war also dabei, die Republik zu erobern.
Die Bürger der DDR reagierten sehr aufgeschlossen auf das Medium Geldkarte, ersparte es doch das Anstehen am Schalter und vor allem das Ausfüllen von Auszahlungsbelegen. Dies spiegelt sich auch in den registrierten Geldkartennutzungen an zentralen Orten wieder. So erfolgten im Jahre 1989 am Standort der Geldautomaten am Alexanderplatz in Berlin durchschnittlich 700 Abhebungen täglich. Man war über diese Entwicklung sehr erfreut und berichtete daher auch über den Jubiläumsautomaten, der als Nummer „200“ im Kombinat NAGEMA gefertigt wurde und für Rostock bestimmt war.

Nicht überall war es jedoch möglich, sich rund um die Uhr mit Bargeld zu versorgen, selbst wenn ein Automat vorhanden war. Die meisten Geräte standen in den Räumen der jeweiligen Kreditinstitute waren daher nach Geschäftsschluss nicht mehr zugänglich. Wo es allerdings bautechnisch möglich war, setzte man so genannte Außengeräte ein. Dazu musste dann meist ein Mauerdurchbruch zu den Schalterräumen gemacht werden. Dann stand der Automat zwar in den Räumen des Kreditinstitutes, das Bedienfeld ließ sich aber von außen nutzen. Vor Regenwasser und anderen Witterungseinflüssen schützte eine Scheibe, die erst nach dem Einschub der Geldkarte nach oben fuhr. Nach Abschluss des Vorganges und der Entnahme der Geldkarte schloss sich die Scheibe wieder automatisch. Zerstörte, zerkratzte oder beschmierte Scheiben kamen selten vor, denn eine „Beschädigung oder gar Vernichtung von Volkseigentum“ wurde in der DDR mit großem Aufwand verfolgt und empfindlich bestraft. Graffiti war also in der DDR ein Fremdwort.

Lag ein Problem vor, zum Beispiel nach einer falschen PBC (Persönlicher Bank-Code)-Eingabe, zog der Automat die Geldkarte ein. Der betroffene Kunde musste sich dann meist sofort oder am nächsten Werktag in die Filiale begeben, welche den Geldautomaten betrieb. Dort konnte man dann einen Antrag für die Überprüfung und Bearbeitung einer einbehaltenen Geldkarte stellen.
Dieser zweiseitige Antrag konnte allerdings auch für weitere Möglichkeiten genutzt werden, so auch wenn ein Verzicht des Kunden auf weitere Geldkartennutzung vorlag. In diesem Fall bekam man dann eine extra Quittung durch die Filiale ausgestellt. Verschiedene Gründe konnten zum Einzug der Karte führen. Meist lag ein Leseproblem vor, weswegen die Karte nicht identifiziert werden konnte. Solche Probleme entstanden in der Regel durch eine Verschmutzung der Karte, oder weil der Magnetstreifen zerkratzt war.
War die Karte gesperrt, zeigte das Gerät auf dem Fehlerprotokoll (Sperrdatei) ein Sperrsymbol an, welches ebenfalls in dem Prüfantrag eingetragen werden musste. Der Einzugsgrund war dabei von größter Wichtigkeit, deshalb war eine Reihe von Sicherheiten im Gerät eingebaut. So wurde die Einzugsursache durch den Ausdruck eines internen Mitlaufjournals und der Kartenverwahrdatei für das Personal sichtbar und aufgezeichnet.
Zunächst überprüfte das Personal der Filiale eine fehlerhafte einbehaltene Karte an einem Zweitgerät, meistens dem Lesegerät am Schalter. War diese auch dort nicht lesbar, musste die betroffene Karte zur weiteren Prüfung der Struktureinheiten einbehalten und weitergeleitet werden. Die fehlerhafte Karte kam dann mit dem Antrag zur Sparkasse der Stadt Berlin, 1035 Berlin, Gärtnerstraße 10. Dort befand sich die sogenannte Struktureinheit „Geldkarten-Herstellung“.
Die Karte wurde im Folgenden drei grundsätzlichen Prüfaufgaben unterzogen. Auf eine Oberflächenbeurteilung der Geldkarte und des Magnetstreifen folgte ein Schreib-Lese-Test in unterschiedlichen Zyklen. Konnte danach der aufgetretene Fehler nicht beseitigt oder erkannt werden, wurde der Magnetstreifen neu codiert. Danach war die überprüfte Geldkarte entweder wieder funktionstüchtig oder nicht mehr einsetzbar und musste ersetzt werden. Vermutete man andere Fehler oder auch die Tatsache, dass die Geldkarte manipuliert sein könnte, wurde sie an das Prüfzentrum Geldkarte, 1086 Berlin, Charlottenstraße 33, geschickt.

Karte für das Prüfzentrum Geldkarte in Berlin. Foto: J. Peeck.

Hier war dann nach weiteren Prüfungen zu entscheiden, ob die Karte entweder zu entwerten oder zu vernichten ist. Das Entwerten geschah durch Lochung des Magnetstreifens. War gleich bei der Entnahme der eingezogenen Geldkarte am Automat von einer Manipulation auszugehen, wurde die Karte direkt und ohne eine Prüfung der Volkspolizei übergeben. Funktionierte die fehlerhafte Karte nach der Prüfung in der Struktureinheit „Geldkarten-Herstellung“ wieder, so konnte man sie an die entsprechende Filiale zurückschicken und dem Karteninhaber gegen Empfangsbestätigung wieder ausgeben. Diese gesamten Vorgänge sowie deren Ergebnisse wurden alle auf dem zweiseitigen Antrag vermerkt und gegebenenfalls durch zusätzliche Vordrucke ergänzt.

Für Probleme am Geldautomaten gab es eine Menge von Unterlagen. In der Filiale wurden die Mitarbeiter durch interne Schulungen auf die Funktionen des Geldautomaten intensiv vorbereitet. Dieses beschränkte sich im Allgemeinen auf die erforderlichen Bedienschritte eines Abhebevorganges. Signalisierte das Gerät einen Fehler, musste ein spezialisierter Mitarbeiter herbeigeholt werden, der auch eine erforderliche Berechtigung hatte. Auch zum Bestücken mit Banknoten bedurfte es einer besonderen Berechtigung.
Der für die kleineren Funktionsstörungen spezialisierte Mitarbeiter hatte sich am Automaten als Zugangsberechtigter zu legitimieren, sonst bekam er keinen Zugang zu den einzelnen Funktionen des Innenlebens.

Bedienerkarte GA Vorder- und Rückseite. Foto: J. Peeck.

Die Legitimation am Gerät erfolgte durch eine spezielle Bedienerkarte, welche auf den Namen des jeweiligen Mitarbeiters ausgestellt war und auch noch die Personenkennzahl enthielt. Oben auf der Karte war die laufende Nummer der Karte gedruckt und unten stand als zusätzliches Merkmal ein internes Bereichs-Kennzeichen. Zusätzlich war ein rotes „GA“ (Geldautomat) aufgedruckt und auf der Rückseite befand sich dann der Stempel der Filiale.
Auch diese Karten trugen einen Magnetstreifen, der gesondert beschrieben wurde und den jeweiligen Mitarbeiter berechtigte, am Gerät zu arbeiten. Dieser Magnetstreifen war unterschiedlich beschrieben, und man konnte aus Sicherheitsgründen genau bestimmen, bis in welche Betriebsgruppe des Systems der mit dieser Karte ausgestattete Mitarbeiter vordringen konnte. Sicherheit wurde großgeschrieben, ist im Finanzwesen allerdings unabkömmlich und hat nichts mit der Bespitzelung von Leuten zu tun!

Traten größere Fehler am Gerät auf oder wurde sogar ein Alarm ausgelöst, konnten bzw. durften die Mitarbeiter der Filiale meist nicht an einer Behebung des Fehlers arbeiten. Dazu fehlte ihnen natürlich auch die noch tiefer in das System führende Berechtigung. Der Automat blieb in so einem Falle vorläufig „offline“. Abhilfe konnten hier nur die Spezialisten der Staatsbank bringen, die in den einzelnen Bezirksdirektionen der Staatsbank der DDR angestellt waren. Sie waren dort der Abteilung Rationalisierung zugehörig und galten als sogenannte mobile Einsatzgruppe, um die ausgefallenen Geldautomaten so schnell wie möglich wieder in Gang zu bringen. Ihnen oblagen auch die Reparatur und die Wartung der Geräte. Die Bedienerkarte dieser Mitarbeiter der Staatsbank kannte praktisch keine Schranken, um in das Innenleben der Automaten vorzudringen.

Titelblatt des Fehlerhandbuchs. Foto: J. Peeck.

Nur dieser auf die Geldautomaten spezialisierten Gruppe war das „Fehlerhandbuch Geldautomat“ zugänglich. Hier waren alle Eventualitäten am Gerät aufgeführt und erklärt. Dazu wurde noch bei bestimmten Fehlern eine Richtlinie oder Vorgehensweise dargelegt.

Einen ausführlichen Einblick in das Fehlerhandbuch zum Geldautomaten nebst eingebautem Tresor gebe ich Ihnen im nächsten Teil.

Teil 1 finden Sie hier.