Der Beginn archäologischer Forschungen

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von Ursula Kampmann

6. Oktober 2016 – Wer waren eigentlich die Vorfahren der Archäologen? Wenn wir dazu die gängige Literatur konsultieren, dann bekommt man den Eindruck, es habe sich um windige Raubgräber gehandelt, die aus Gier nach Objekten in der Erde stocherten, ohne sich um Grabungsbefunde zu scheren.
Die Universitätsbibliothek Basel liefert nun ihren Beitrag zu dieser Diskussion. Sie publiziert die detaillierten Pläne und Unterlagen, die Basilius Amerbach angefertigt hat, als er das Theater von Augusta Raurica erforschte – zwischen 1588 und 1591!

Thomas Hufschmid und Barbara Pfäffli (Hg.), Wiederentdeckt! Basilius Amerbach erforscht das Theater von Augusta Raurica. Publikationen der Universitätsbibliothek Basel 2015. 135 Seiten, 145 Abbildungen, davon 140 in Farbe, 3 Tabellen. Broschiert. Fadenheftung. CHF 35,- / Euro 35,-. ISBN 978-3-7965-3506-2.

Um es klarzustellen, Basilius Amerbach war nicht irgendwer. Er war ein angesehener Universitätsprofessor, der Jura lehrte und aus einer ausgezeichneten Familie stammte. Er war antiquarisch interessiert – seine Münzsammlung bildete den Grundstock des Historischen Museums Basel. Amerbach hatte lateinische Inschriften übersetzt und hielt Kontakt zu Pietro Ligorio, damals berühmter Kenner der römischen Baudenkmäler.

Nicht etwa, dass Amerbach der erste gewesen wäre, der sich für Augst interessierte. Im 16. Jahrhundert war das „Heidenloch“ eine durchaus bekannte Attraktion, über das man schaurige Sagen erzählte, so zum Beispiel von der Jungfrau mit dem Schlangenleib, die auf einer Kiste von Münzen sitzen würde, die von zwei Hunden mit Feueraugen bewacht werde. Und so entschied sich eine Gruppe von Basler Bürgern, eine Ausgrabung zu machen. Nein, damit hatte Amerbach noch nichts zu tun. Als Ausgräber angeheuert wurde Andreas Ryff, Sohn eines reichen Wollgarnfärbers mit antiquarischen Interessen und einer großen Sammlung von zeitgenössischen Münzen. Er hatte mit seiner Frau ein Bergwerk erheiratet und hatte so gelernt, wie man kunstgerecht Schächte anlegt. Er erhielt den Auftrag mit seinen Bergknappen Grabungen in Augusta Raurica durchzuführen.

An „Ryff dem Gelehrten“, zu dem ihn die frühe Augusta Raurica-Forschung stilisiert hat, lässt Thomas Hufschmid in seinem Beitrag nicht allzu viele gute Haare. Er habe rein aus Gewinnsucht gehandelt, um sich die 1.200 Gulden nicht entgehen zu lassen, die ihm die Grabung eingetragen habe. Wobei sich der kritische Leser fragen muss, ob denn heutzutage irgendein begeisterter Antiquar oder Archäologe auf den Lohn verzichtet, der mit seiner Arbeit verbunden ist. Das Ausspielen von wirtschaftlichem Interesse gegen die hehre Wissenschaft stört den Genuss des Textes ein wenig und wird dem tatsächlichen Sachverhalt wohl auch nicht gerecht.

Denn wahrscheinlich hatte auch Amerbach handfeste Interessen, aus eigenem Geld einen Künstler zu verpflichten, der die Ruine mit ihm ausmaß und zeichnete. Amerbachs Währung war wahrscheinlich nicht das Geld, das er in ausreichendem Maße besaß, aber mit Sicherheit Objekte, die er seinen an der Vergangenheit interessierten Freunde schicken konnte, was seinen sozialen Status stark erhöht hätte. Dazu kam natürlich der wissenschaftliche Ruhm, der mit der Publikation verbunden gewesen wäre. Immerhin weigerte sich der Sohn Amerbachs, als dieser unerwartet früh 1591 starb, die Pläne an einen Freund weiterzugeben, der sie nun in seinem eigenen Namen hätte publizieren wollen.  

Wer sind wir, dass wir über die Motive und Beweggründe von Menschen aus dem 16. Jahrhundert auf Grund unserer eigenen Werte urteilen wollen? Nun ja, ein Urteil erlaube ich mir. Was für ein Glück, dass die Ausgrabung von Privatleuten finanziert wurde und nicht in die Pfoten der Basler Stadtregierung kam! Dort hatte man nämlich schon ein Gutachten in Auftrag gegeben, ob es sich lohnen würde, die in Augst vorhandenen Steine nach Basel zu transportieren, um damit die Stadtmauer zu bauen. Und aus den kleineren Steinen plante man, Kalk zu brennen. Nach den Kosten, die durch den Badener Schiedsspruch von 1585 entstanden waren, versuchten die Basler Stadtväter nämlich, überall neue Erwerbsquellen aufzutun und Kosten zu sparen. Was von den heutigen Verhältnissen natürlich himmelweit entfernt ist!

Die Pläne, die Amerbach anfertigte, sind in der Basler Universitätsbibliothek erhalten, zusammen mit einer Vielzahl an Briefen, in denen Basilius Amerbach über die Ausgrabung berichtete. Der Katalog, der sie abbildet und in ihren historischen Kontext einordnet, ist ein Opusculum, das jedem zu empfehlen ist, der sich für die Geschichte der Altertumskunde interessiert, als Archäologie und Sammeln sich noch nicht ausschlossen.

Sie können die Publikation für 35 Euro im Schwabe Verlag bestellen.

Die Römerstadt Augusta Raurica hat heute eine eigene Website.

Und hier sehen Sie das Theater von Augst, in dem heute wieder Aufführungen stattfinden.