Ein Besuch im Joanneum

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9. Februar 2017 – Wo ist das Joanneum? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, wie man sich das als unbedarfter Tourist vorstellt, wenn man das erste Mal die schöne Stadt Graz besucht. Das Joanneum hat nämlich nicht einen Standort, sondern gleich 12(!). 

Ein Blick in einen kleinen Teil der Waffenkammer, die auf mehreren Stockwerken untergebracht ist. Foto: © UMJ.

Da ist zunächst direkt über der Touristeninformation das Landeszeughaus, eine einmalige Sammlung von Rüstungen, Büchsen, Kanonen, Blank- und Stangenwaffen (vulgo Säbel, Hellebarden und solches Zeug – Wobei Zeug auf keinen Fall despektierlich gemeint ist, da das Frühneuhochdeutsche mit dem Wort „Zeug“ alle Gerätschaften beschreibt, die man fürs edle Kriegshandwerk braucht. Was die Bevölkerung davon hielt, wird wahrscheinlich dadurch deutlich, welchen Bedeutungswandlung das Wort „Zeug“ durchmachte…). Wie auch immer, mit 32.000 Exponaten ist diese Abteilung des Joanneums die größte erhaltene historische Waffenkammer der Welt. Und dabei ist sie nur ein kleiner Teil des gesamten Museums. Da gibt es noch das Joanneumsviertel mit der Neuen Galerie und dem Naturkundemuseum.

Herzogshut, um 1400, Silber gegossen, geschmiedet, vergoldet Samt, Perlen in emaillierter Blattfassung, Hermelin und Mauswieselschwänzchen von 1766. KHS, Inv.-Nr. 12127, Foto: © UMJ.

Dann liegt zu Fuß gut 500 Meter entfernt das prachtvolle Palais Heberstein, wo die kulturhistorischen Objekte untergebracht sind, inklusive dem berühmten Steirischen Herzoghut, der heute noch das steirische Wappen bekrönt …

Erzherzog Karl II. von Innerösterreich. Talerklippe 1586, Graz. Aus dem Münzkabinett des Joanneums. Inv.-Nr. MK 55.075. Ausstellungskatalog 78. Foto: © UMJ.

… und immer mal wieder im Münzbild zu sehen war. Die Metallteile – vor allem die prominenten Zacken des Herzogshut, die im Münzbild leicht erkennbar sind – stammen noch aus der Zeit Herzog Ernsts des Eisernen (1377-1424), vierter Sohn des bei Sempach gefallenen Leopolds III.

Blick auf das Kunstmuseum. Foto: KW.

Es gibt das Kunsthaus Graz, dessen moderne Architektur im Stadtbild nicht zu übersehen ist. Nicht zu vergessen, das Steirische Volkskundemuseum am Fuße des Schlossbergs. 

Schloss Eggenberg. © UMJ.

Und dabei sind wir noch nicht einmal zum Höhepunkt gelangt. Der liegt in einem wunderschönen Park ein bisschen außerhalb von Graz, am Stadtrand. Die Rede ist von Schloss Eggenberg, das sich mit der Altstadt von Graz den Status als Weltkulturerbe teilt.

RDR. Friedrich III. (V.), 1439-1452-1493. Pfennig 1458 Graz. Aus Auktion Auctiones AG 29 (2003), 1312.

Schloss Eggenberg wurde, wie schon der Name sagt, von den Eggenbergern erbaut, und die sind nun aus der österreichischen Numismatik nicht wegzudenken. Ihren Aufstieg verdankt die Familie nämlich Balthasar Eggenberger, der das Geschäft seines Lebens mit der Münzprägung machte – sehr zum Ärger der Bevölkerung. Er reduzierte den Silbergehalt der Grazer Pfennige derart, dass deren Kaufkraft dramatisch zurückging. Oder wie eine Salzburger(!) Chronik für das Jahr 1459 vermerkte: „Zu dieser Zeit ließ Kaiser Friedrich eine schlechte Münze prägen, die das Volk Schinderling nennt. Diese Münze wurde täglich leichter und das dauerte so lange, dass die Menschen sie nicht mehr nehmen wollten, da sie nur aus Kupfer waren. Es konnte keiner ein Paar Schuhe für 180 Pfennige kaufen!“

Blick in den ersten Ausstellungsraum. Foto: KW.

Genau diesen schlechten Pfennigen und der von ihnen hervorgerufenen Inflation ist der erste Raum der sehenswerten Ausstellung des Eggenberger Münzkabinetts gewidmet. Er wird von allen Schlossführern in ihre Tour einbezogen, denn nirgendwo können sie besser erklären, woher das Geld kam, das die Eggenberger so reich machte, dass sie in der großen Politik mitspielen und als Bankiers Kaiser Friedrichs III. seine Unternehmungen finanzieren konnten.

RDR. Friedrich III. (V.), 1439-1452-1493. Kreuzer 1458 Graz. Aus Auktion Rauch 93 (2013), 2552.

Als Nutznießer schützte der Kaiser die Bevölkerung nämlich nicht vor dem Münzbetrug, sondern verlieh seinem Bankier zusätzlich zum Recht, Pfennige zu prägen, 1458 auch noch das Privileg, genauso schlechte Kreuzer auszugeben. Was dann geschah, fasst der Chronist Jakob Unrest so zusammen: „Da wurden die Münzherrn und Münzmeister und Münzer zu großen Herren.“

Hans Ulrich von Eggenberg. Zehnfacher Dukat 1629, Prag. Aus dem Münzkabinett des Joanneums. Inv.-Nr. MK 3833. Ausstellungskatalog 83. Foto: © UMJ

Die Eggenberger blieben im Geschäft. Hans Ulrich (1568-1634) war Teil des berüchtigten Prager Münzkonsortiums, das 1622/3 die Kipper- und Wipperzeit auslöste, um den Krieg Ferdinands II. zu finanzieren. Während die Wirtschaft im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zusammenbrach, verdienten Männer wie Hans Ulrich von Eggenberg, Albrecht Wallenstein oder Karl von Liechtenstein ein Vermögen. Und wurden dazu vom Kaiser geehrt. Hans Ulrich erhielt die Herrschaft Krumau in Südböhmen und den Reichsfürstentitel, was er dadurch feierte, dass er mit dem Umbau von Schloss Eggenberg, dem Stammsitz seiner Vorfahren, in einen standesgemäßen Palast begann. Nach der Ermordung Wallensteins zog sich Hans Ulrich nach Graz zurück und starb kurz darauf.

Johann Anton von Eggenberg. Gnadenpfennig 1639. Aus dem Münzkabinett des Joanneums. Inv.-Nr. MK 43.749. Ausstellungskatalog 84. Foto: © UMJ

Wir erinnern uns: Der Stammvater der Familie ist nichts als ein erfolgreicher Münzbetrüger – freilich mit kaiserlicher Deckung. Fünf Generationen später schickt der Kaiser dessen Nachkommen nach Rom, um sich die eigene Thronbesteigung vom Papst offiziell bestätigen zu lassen. Von dem Prunk, den Johann Anton dabei entfaltete, sprach man noch Jahrzehnte später…
Johann Anton wollte mit dem alten Adel gleichziehen. Und dazu gehörte eine standesgemäße Braut. Markgraf Christian von Brandenburg in Bayreuth und Kulmbach stellte dafür seine älteste Tochter zur Verfügung. Die war zwar protestantisch und mit ihren 30 Jahren auch schon etwas ältlich und dazu praktisch ohne Mitgift, aber dafür die Enkelin eines Kurfürsten. Geradezu ideal! Der Gnadenpfennig mit einem Gewicht von 31,28 g, den wir hier zeigen, dürfte wohl anlässlich der Hochzeit ausgegeben worden sein.

Johann Christian und Johann Seyfried von Eggenberg. Zehnfacher Dukat 1652, Krumau. 34,61 g. Aus dem Münzkabinett des Joanneums. Inv.-Nr. MK 3853. Ausstellungskatalog 85. Foto: © UMJ

Johann Anton von Eggenberg starb mit nur 39 Jahren. Er hinterließ zwei Söhne im Alter von neun und fünf Jahren. Und die stritten sich, als sie volljährig wurden. Der jüngere Sohn, Johann Seyfried, beharrte darauf, ebenfalls einen Anteil am Erbe zu bekommen, obwohl sein Vater eigentlich die Einführung der Primigenitur geplant hatte. Damit gingen die reichen böhmischen Güter an den älteren Sohn, Johann Christian, und Johann Seyfried wurde Herr der Besitzungen in der Steiermark und damit von Schloss Eggenberg, das er in nur 7 Jahren mit etwa 600 Wand- und Deckengemälden zu einem prachtvollen Barockpalast ausschmücken ließ.

Der berühmte Planetensaal von Schloss Eggenberg. Foto: KW.

Die Ausstattung von Schloss Eggenberg gehört zum Eindrucksvollsten, was man an barocker Innenarchitektur sehen kann. Und man dringt anhand ihrer Bilder in die barocke Gedankenwelt ein. Alchemie war eben nicht eine exotisch-abartige Spinnerei, sondern ein weit verbreitetes Gedankengut, dessen Kenntnis für einen Adligen im Barock zum guten Ton gehörte. Im Planetensaal kreist die Ausmalung um die sieben alchemistischen Metalle und die Planeten, die mit den sieben großen Besitzungen der Familie und ihren wichtigsten Familienmitgliedern assoziiert werden.

Das Porzellankabinett. Foto: KW.

Bei einer späteren Restaurierung im Stile des Rokoko richtete man in Schloss Eggenberg gleich drei ostasiatische Kabinette ein, zwei davon mit wertvollem Porzellan ausgestattet, …

Kabinett mit Seidenmalerei. Foto: KW.

… eines schmückt ein in acht Bahnen geschnittener japanischer Wandschirm.

Nach dem Aussterben der Eggenberger kam Schloss Eggenberg 1774 an die Herbersteiner, und in deren Besitz es blieb, bis es 1939 an das Land Steiermark verkauft wurde. Und so ist Schloss Eggenberg heute der Sitz der wichtigsten Sammlungen des Joanneums, zu denen zweifellos das Münzkabinett gehört.

Denkmal für Erzherzog Johann von Österreich vor dem Grazer Rathaus. Foto: KW.

Der in der Steiermark allgegenwärtige Erzherzog Johann von Österreich (1782-1859) hatte in Zusammenarbeit mit den Ständen der Steiermark das Joanneum als „Innerösterreichisches Nationalmuseum“ gegründet. Schon in den Gründungsstatuten wurden die „inländischen Münzen von allen Metallgattungen“ als eine der sieben Untergruppen der historischen Sammlung genannt, denen sich das Museum widmen muss. 

Ein Blick ins Münzkabinett, wo Kostbarkeiten der steirischen Numismatik präsentiert werden. Foto: KW.

Heute werden ca. 2.200 Münzen und Medaillen der Steiermark im Münzkabinett aufbewahrt. Eine beeindruckende Zahl, was daran liegt, dass diese seit der Gründung des Museums systematisch angekauft werden. So schrieb Joseph Wartinger, der von 1817 bis 1850 dem Münz- und Antikenkabinett vorstand im Jahresbericht von 1817, dass „seltene, besonders steyermärkische Münzen jeden Metalls vom Institute eingetauscht oder angekauft werden“. Welches Münzkabinett lädt heute noch die Sammler ein, wenn sie diese Münzen verkaufen (sic! nicht verschenken!) wollen, sie „dem Institute zukommen zu lassen“.

Ferdinand II. Dreifacher Taler 1625, Graz. Aus dem Münzkabinett des Joanneums. Inv.-Nr. MK 2954. Ausstellungskatalog 87. Foto: © UMJ

Sein Nachfolger, Carl Schmit von Tavera (Kurator 1857-1860), schränkte die Sammeltätigkeit etwas ein. Fortan sollten römische, griechische und steirische Münzen berücksichtigt werden. In kleinem Maßstab sammelte man außerdem die Münzen der Habsburger und der österreichischen Länder. Ausländische Prägungen nahm man natürlich an, wenn sie als Geschenke kamen.

Mit großen Lupen kann man nicht nur die Münzen in den Vitrinen vergrößern, sondern erhält gleichzeitig auf einem Bildschirm zusätzliche Informationen abrufen. Foto: KW.

Im Grunde wird heute noch ganz ähnlich gesammelt – und ausgestellt. In der numismatischen Ausstellung sind vor allem die steirischen Prägungen zu sehen …

Denare und Antoniniane aus dem Schatz von Mürzzuschlag, verborgen nach 241 n. Chr., wieder aufgefunden 1843. Ausstellungskatalog 54. Foto: © UMJ

… sowie die prachtvollen Schatzfunde, die im Münzkabinett aufbewahrt werden.

Karl Peitler vor dem Eingang zum Münzkabinett. Foto: KW.

Verantwortlicher Abteilungschef des Münzkabinetts und der Abteilung Archäologie ist Mag. Karl Peitler, der die numismatische und archäologische Ausstellung, die heute in Schloss Eggenberg besichtigt werden kann, konzipierte.

Das Allerheiligste, das eigentliche Münzkabinett. Foto: KW.

Er wacht über die rund 70.000 numismatischen Objekte, …

Karl Peitler zeigt uns eine Lade mit steirischen Raritäten. Foto: KW.

… die das Münzkabinett des Joanneums zur zweitgrößten Münzsammlung Österreichs machen.

Orden aus dem Besitz des Herzogs Johann von Österreich. Foto: KW.

Hier liegen nicht nur Münzen und Medaillen, sondern auch seltene Orden, wie die Stücke, die noch aus dem Besitz des Erzherzogs Johann stammen. Um dieses Tablett richtig würdigen zu können, sollte man wissen, dass ein etwa gleichzeitiges Stück des russischen Weißen Adler Ordens, von dem der einstige Besitzer allerdings nicht bekannt war, in einer Auktion des Jahres 2013 160.000 Euro ohne Aufgeld realisierte.

Arbeitsräume der numismatischen Abteilung. Foto: KW.

Neben einer umfangreichen Bibliothek …

Ein Blick in den Vortragsraum der numismatischen Abteilung. Foto: KW.

… steht dem Münzkabinett ein großer Vortragsraum zur Verfügung, der fleißig genutzt wird. Karl Peitler ist nämlich sehr daran interessiert, die Brücke zwischen Wissenschaft und Sammlern zu schlagen. So gehört für ihn beides zu den Aktivitäten des Münzkabinetts: Wissenschaftliche Kolloquien, die Publikation des „Schild von Steier“, einer Fachzeitschrift für Archäologie und Numismatik, und populärwissenschaftliche Vorträge für Sammler und Freunde der Numismatik.

Depotfund von Schönberg bei Niederwölz, 9. Jh. v. Chr. Foto: KW.

Ach ja, ein letzter Tipp noch. Wenn Sie Schloss Eggenberg besuchen, versäumen Sie nicht, die archäologische Sammlung anzusehen. Nicht nur weil es dort eindrucksvolle Depotfunde gibt.

Kultwagen von Strettweg, 7. Jh. v. Chr. Inv. Nr. 2000.

Höhepunkte wie der keltische Kultwagen von Strettweg …

Maske von Kleinklein. Inv. Nr. 10.723, 6001.

… oder die Totenmaske von Kleinklein sind einfach unvergesslich.

 

Fassen wir es so zusammen. Das Joanneum und Schloss Eggenberg ist keine Sehenswürdigkeit, die man mal bei Gelegenheit besucht, weil man sowieso in Graz ist. Sie sind selbst Grund genug für eine Reise.

 

Am besten können Sie sich natürlich auf der Homepage des Joanneums informieren.

Das Münzkabinett hat dort eine eigene Seite.

Kurz nach Öffnung der numismatischen Ausstellung, hat Karl Peitler in der MünzenWoche selbst einen Artikel darüber geschrieben.

Kürzlich war das Münzkabinett des Joanneums Mitveranstalter eines interessanten Symposiums zu Ehren von „Anton Prokesch von Osten“. Die MünzenWoche berichtete.

Wenn sie die Zeitschrift „Schild von Steier“ beziehen wollen, sollten Sie die Website des Phoibos-Verlags besuchen.

Graz Tourismus feiert Schloss Eggenberg als eine der Top 10 Sehenswürdigkeiten. Und stellt auf seiner Website einen kleinen Film zur Verfügung, der das barocke Schloss von seiner besten Seite zeigt.

Einen kommentierten Film von Graz Tv über das UNESCO Weltkulturerbe Schloss Eggenberg finden Sie hier.

Und wenn Sie Gespenstergeschichten lieben, dann haben wir was für Sie.

2011 hat übrigens die Münze Österreich das 200jährige Bestehen des Joanneums mit einer eigenen Münze gewürdigt.

Ach ja, in Graz gibt es übrigens drei Münzhändler, die Mitglieder im Verband der Oesterreichischen Münzhändler sind.

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